Farbpigmente 50 Farben und ihre Geschichte

David Coles, Künstler, Pionier und Autor des Buches hat sein Leben der Erforschung und Herstellung von Farben gewidmet. Er ist in England geboren und als junger Mann nach Australien ausgewandert. Dort gründete er seine Manufaktur Langridge Artist Colors, die sich bis heute auf die Herstellung von hochwertigen Ölfarben für Künstler spezialisiert hat.

Für dieses Buch hat er für uns die Forschungsergebnisse und Geheimnisse seiner hartnäckigen Suche nach der alchemistischen Transformation von Schmutz und Erde in Farbe zusammengetragen.

David Coles läßt uns an seiner Welt der Pigmente teilhaben. Er öffnet die Tür zu einem Verständnis, dass Materielles durch jahrhundertalte Herstellungs- und Verarbeitungstechniken aufgeschlossen werden. Es entstehen neue chemische Verbindungen, die als Farbpigmente mit metaphysischen und magischen Eigenschaften sichbar werden.

Der Leser taucht in die Entwicklungsgeschichte der Farben ein. Knochen- und Erdpigmente waren die Malmittel der Menschen. die ihre künstlerische Handschrift in Höhlen auf aller Welt hinterlassen haben. Im Altertum und in der klassischen Antike fanden organische und mineralische Farben Verwendung. Im Mittelalter wird die Farbpallette umpfangreicher aber auch toxischer bei der Gewinnung, Herstellung und Verarbeitung.

Coles Farbpigmente
Foto (c) Adrian Lander Drachenblut

Ein Kapitel ist den geheimnisvollen Farben gewidmet. Das leuchtende Indischgelb hatte einen strengen Uringeruch und das Mumienbraun auch caput mortuum genannt, wurde aus vertrockneten Fleisch, Knochen und Umhüllungen gewonnen.

Coles Farbpigmente
Foto (c) Adrian Lander Indischgelb

Coles Farbpigmente
Foto (c) Adrian Lander Mumienbraun

Jedes Zeitalter brachte durch technologische Neuerungen der Pigmentgewinnung neue leuchtstarke, reinere und lichtbeständigere Farben hervor.

Pigmenten wie Ultramarin, Coelinblau, Kadmiumrot und Mangan sind Produkte des 19. Jahrhunderts und sind bis heute in allen Farbabstufungen für Künstler aber auch für andere Zwecke, wo Farben eine wichtige Rolle spielen, erhältlich.

Die chemische Industrie forscht und produziert neue Pigmente mit unterschiedlichen Eigenschaften für Materialien, um diese durch- oder einzufärben.

Eines der letzten Kapitel widmet sich der Herstellung von Farbe. Der Leser oder die Leserin könnte sich ein Farblabor einrichten. Vier Rezepte beschreiben und bebildern die Herstellung von Bleiweiss, Karminlack, Ultramarin und Krapplack.

Alles in allem ein gelungenes und informatives Fachbuch über die Welt der Farbpigmente, ihrer Entwicklungsgeschichte und der vielfältigen chemischen Zusammensetzungen. Darüberhinaus wird man dazu inspiriert sich in sein Atelier zurückzuziehen und mit Farbpigmenten zu experimentieren, um der metaphysischen und magischen Beschaffenheiten von Farben auf die Spur zu kommen.

Englische Originalausgabe ist 2018 unter dem Titel Chromatopia. An Illustrated History of Colour bei Thames & Hudson London erschienen.

Englischer Originaltext von David Coles. Übersetzung ins Deutsche von Ulrike Kirsch München. Fotografien von Adrian Lander

Farbpigmente 50 Farben und ihre Geschichte. 224 Seiten, mit zahlreichen Fotos.

Haupt Verlag 

€ 29,90 / CHF 37,00

ISBN 978-3-258-60213-4

Hier geht es zu dem Haupt Verlag.

Indigo: Anbau • Färbetechniken • Projekte

Der Originaltitel des Buches Indigo lautet En Handbok om Indigo – Färgning & Projekt bei Natur & Kultur und ist in Schweden erschienen.

Die Autoren Kerstin Neumüller und Douglas Luhanko lieben das traditionelle Textilhandwerk und beide haben sich gefunden, um gemeinsam das Indigo-Färben neu zu entdecken.

Durch ihr Interesse an diesem ca. 4500 Jahre altem Färbe-Handwerk, das auf fast allen Kontinenten der Erde bis heute in verschiedenen Traditionen mit verschiedenen Techniken ausgeführt wird, entstand ein gut geschriebenes und reich bebildertes und illustriertes Fachbuch über die Grundlagen des Färbens mit den Indigofera-Gewächse, dem Färbeknöterich und dem Färbewaid.

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Kerstin Neumüller und Douglas Luhanko haben sich nicht gescheut ihre eigenen Indigo- pflanzen im Garten anzubauen, um sie zu ernten und für den Färbevorgang zu fermentieren. Für die Fermentation haben sie verschiedene Rezepte für die verschiedenen Färbe-Küpen ausprobiert, die in ihrem Buch wie Kochrezepte nachzulesen sind und zum Experimentieren einladen. Beschrieben werden Färbevorgänge für Kleidungsstücke, Garne und Textilflächen und da in der Indigo-Färberei, die blaue Farbe erst durch ein Oxidationsprozess mit dem Sauerstoff an der frischen Luft auf der Textilie entsteht, kann man beobachten wie sich die Textilien auf der Leine langsam blau färben.

Das Indigo-Färben erscheint wie ein alchemistischer  Prozess.

Da Indigo ein wasserunlöslicher Stoff ist, kann er nicht direkt zur Färbung eingesetzt werden. Daher muss das Indigo erst einer Reduktion in alkalischer Lösung mit Natriumdithionit unterzogen werden. So wird es wasserlöslich. Dieses wasserlösliche Indigo ist gelblich und nennt sich Leuko-Indigo. Das Gewebe wird mit dem Leuko-Indigo getränkt und an der Luft zum Trocknen aufgehängt. Durch die Sauerstoffzufuhr erfolgt eine Rückoxidation zu Indigo, dem blauen Farbstoff, dessen Moleküle in den Faserfibrillen mehr oder weniger mechanisch haften bleiben.

Die Qualität des pflanzlichen Indigos, die Zusammensetzung der Kübe, die Temperatur und das zu färbende Material beeinflussen den Färbevorgang. Somit fällt die Blau-Färbung unterschiedlich aus und in diesem Zusammenhang geben die Autoren mit ihren Erfahrungen gute Hinweise, um das Färbe-Ergebnis günstig beeinflussen zu können.

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Das Tolle an diesem Buch ist auch, dass unter dem Kapitel Projekte traditionelle japanische Reservierungstechniken wie Arashi- und Itajime-Shibori aufgezeigt werden. Traditionelle Muster, die durch die Indigo-Färberei auf den Textilen sichtbar werden. Auch widmen sich die Autoren der japanischen Nutz- und Zierstiche Sashiko in Formen von Moyó-Sashi und Hitome-Sashi. Dahinter verbergen sich traditionelle japanische Stickmuster von Hanfblätter und Kaktusblüten.

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Copyright Foto Fredrik Ottosson

Und wer dem Used-Look seiner Jeans überdrüssig geworden ist, findet hier in diesem Buch unter dem Kapitel Flicken und Ausbessern eine Anleitung, wie er seine durchlöcherte Jeans ausbessert, flickt oder schlichtweg durch Zierstiche und Stoff-Flicken zu einem individuellen Artefakt verwandelt.

Zu guter Letzt werden auf einer der letzten Seiten des Buches Bezugsquellen für das Zubehör zum Färben genannt, für all jene Leser und Leserinnen, die keine Möglichkeiten haben ihre Indigopflanzen selber anzubauen.

Aus dem Schwedischen übersetzt von Marie-Luise Schwarz
Redaktion Gisela Witt

140 Seiten, mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen, gebunden

Haupt Verlag

€ 29,90 / CHF 37,00

ISBN 978-3-258-60212-7

Hier geht es zu dem Haupt Verlag.

Prof. Dr. Thomas Schmidt: Macht und Struktur im Theater – Asymmetrien der Macht

 

Mit diesem Artikel möchte ich auf ein Buch hinweisen, dass ich für das Bewusst-Sein der Arbeitszusammenhänge von Künstler/-innen der Darstellenden Künste d.h. Künstler/-innen, die an den Theatern Deutschlands engagiert oder freischaffend tätig sind, erhellend finde.

Die Buchempfehlung habe ich auf der Internetpräsenz des ensemble-netzwerk (siehe hier) gefunden und ich bin darüberhinaus sehr erfreut, dass die Initiative 2015 von Lisa Jobt und Johanna Lücke ins Leben gerufen wurde und nun ein eingetragener Verein mit über 770 Mitglieder ist, der sich für die längst fälligen Reformen der Arbeitsbedingungen und der künstlerischen und sozialen Mitgestaltung der öffentlich geförderten Kulturbetriebe einsetzt.

Unter dem ensemble-netzwerk sind noch weitere Netzwerke von künstlerischen Berufen der Darstellenden Künste zu finden, wie das dramaturgie-netzwerk, regie-netzwerk und das junge ensemble-netzwerk.

Seit 2016 werden vom ensemble-netzwerk konstruktive und aufklärende Aktionen organisiert und inzwischen gibt es die ganz klar formulierten Ziele 3000, die auch die freischaffenden Künstler wie Szenenbildner/-innen, Kostümbildner/-innen, Videokünstler/-innen und alle anderen freischaffenden Künstler der darstellenden Künste betrifft, weil auch diese von den öffentlich geförderten Bühnen engagiert werden.

Ziele 3000 des ensemble-netzwerk (siehe hier)

Diese formulierten Ziele 3000 zeigen auf, dass sich ein erheblicher Reformbedarf für die Ensemblems und freischaffenden Künstler der öffentlich geförderten  Bühnen Deutschlands ergeben, da diese im Bereich des öffentlichen Dienstes arbeiten. Das was im öffentlichen Dienst für Arbeitnehmer klar geregelt und festgelegt ist, darf den Künstlern der Theater nicht vorenthalten werden.

Welche Denkweisen in den Führungs-Etagen und welche rigiden Strukturen der Bühnen Deutschlands stehen diesen formulierten Zielen entgegen?

Prof. Dr. Thomas Schmidt ist Professor und Direktor des Master-Studiengangs Theater- und Orchestermanagement an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt und Vorstandsmitglied des ensemble-netzwerks. Schmidt hat in der jüngeren Zeit vor allem zu den Themen Krisenmanagement und Reformen publiziert.

Sein aktuelles Buch heißt „Macht und Struktur im Theater – Asymmetrien der Macht” und ist in Zusammenarbeit mit dem ensemble-netzwerk die erste Studie zu Macht und Machtmissbrauch im Theater.

Die Studie beruht auf den Ergebnissen einer flächendeckenden Befragung deutscher Theaterkünstler*innen im Rahmen von über 30 Fragestellungen über die soziale Situation und den Gebrauch von Macht an den Theatern.

Es wurden Antworten von 1.966 Theaterschaffenden ausgewertet, die auch detaillierte Auskünfte über die Formen und Auswirkungen von Macht und Machtübergriffen im täglichen Arbeitsablauf auf und hinter der Bühne geben. Bei dieser Untersuchung handelt es sich um ein Novum in der deutschsprachigen und europäischen Theaterlandschaft.

Prof. Dr. Schmidt stellt fest, dass „Der Anteil der Darsteller*innen und Künstlerischen Mitarbeiter*innen aus dem Sample, die an ihrer aktuellen Wirkungsstätte psychischen und/oder physischen Missbrauch von Macht selbst erfahren haben, bei 55% liegt. Etwa jede*r zweite von ihnen mehrfach.“

Weiter führt er aus, dass Struktur und Macht zwei prägende und miteinander verknüpfte Aspekte des deutschen Theaterbetriebs sind. Dessen Ursprünge gehen auf die streng hierarchischen Organisationen von 1900 zurück, und haben seitdem kaum strukturelle Änderung erfahren. Die Innovationsfähigkeit der Institution ‚Theater‘ wird durch diese überkommenen Gefüge deutlich geschwächt. Unangemessen starke Machtpositionen der Intendanten führen zu Konflikten mit den Ensembles und den Mitarbeiter*innen. In der Folge werden die Entfaltung und Erneuerung der künstlerischen und auch wirtschaftlichen Potentiale dieser Kulturtechnik behindert.

 
Dieses Buch von Prof. Dr. Thomas Schmidt: „ Macht und Struktur im Theater – Asymmetrien der Macht“ ist im Springer VS Verlag 2019 erschienen. (siehe hier
und kostet € 49,99
ISBN 10:3658264500 und ISBN 13:978-3658264505
 

Buchempfehlung: Kostümbild • Kostümdesign

Hier möchte ich auf die Wiederauflage des Buches Kostümbildner in Film, Fernsehen und Theater von der Kostümbildnerin Riccarda Merten-Eicher hinweisen.

Ihr Werk ist nun unter dem Titel Kostümbild I Kostümdesign beim Schüren Verlag zu erhalten (siehe hier)

Eine Buchbesprechung der Erstausgabe finden Sie auf dem Kostümforum (siehe hier)

168 Seiten

€ 19,90

ISBN 978-3-89472-958-5

Paul Green: Berlin Burlesque

Dieser Fotoband widmet sich der unter dem Namen “New Burleske” bekannt gewordenen Wiederbelebung eines Genres, das in den 1930er Jahren in den USA seine erste Hochblüte hatte. Der “Glamour”, um den es hier geht, meint nicht zuletzt aufwendig gearbeitete Kostüme, die dazu dienen, weibliche und männliche Körper faszinierend in Szene zu setzen. Diese “Verführung” beinhaltet natürlich auch, dass mit den Kostümen gespielt wird – wobei es im Unterschied zum Striptease nicht unbedingt darauf ankommt, sich ihrer gänzlich zu entledigen. Das mag manche Zuschauer/-innen enttäuschen, macht es indes für uns als Kostümbildner/-innen vielleicht nur um so reizvoller, uns mit solcherlei “Frivolitäten” zu beschäftigen …

 

(c) Paul Green, Berlin Burlesque

(c) Paul Green, Berlin Burlesque

 

Paul Green:
Berlin Burlesque
Broschur, 131 farbige Fotos, 120 Seiten
Jaron Verlag
€ 19,99
ISBN 978-3-89773-720-4

Dieser Band kann hier beim Verlag erworben werden.

Riccarda Merten-Eicher: Kostümbildner

In den letzten Monaten hat das Kostümforum mehrfach darüber informiert, wie die Finanzbehörden uns Kostüm- und Bühnenbildner/-innen neuerdings den Status als Künstler/-in bestreiten und uns dem Handwerk zuordnen wollen.

Um so mehr freue ich mich über Riccarda Merten-Eichers unlängst erschienenes Buch Kostümbildner in Film, Fernsehen und TheaterIn der Tat wäre zu wünschen, dass die Mitarbeiter/-innen der genannten Behörden und die für Kultur zuständigen Politiker/-innen sich anhand seiner vor Augen führen lassen, wie anspruchsvoll unser Beruf nicht nur in handwerklicher, sondern auch in künstlerischer Hinsicht ist.

So wird eingangs nicht allein umrissen, über welches umfangreiche Spektrum an Fähigkeiten und Fertigkeiten ein/-e Kostümbildner/-in verfügen muss und wie vielfältig sich die Herausforderungen in unseren verschiedenen Tätigkeitsfeldern gestalten können. Es wird dabei zugleich auch verdeutlicht, dass unsere Arbeit einen vollwertigen künstlerischen Beitrag darstellt:

Die Kostümbildner bestimmen im Sinne des Urheberrechts das visuelle Erscheinungsbild der im Filmwerk agierenden Figuren und sind so maßgeblich am Gesamtkunstwerk beteiligt. (S. 14)

Diese Aussage sollten sich neben den Finanzbehörden und der Politik gleicherweise die zu Herzen nehmen, mit den wir unsere Verträge schließen. Umgekehrt kann sie – wie das Buch im Ganzen – dazu beitragen, uns in unserem Selbstverständnis zu bestärken.

Darüber hinaus werden auch gestandene Kostümbildner/-innen in diesem anregenden Buch mannigfache Gelegenheit finden, ihre Erfahrungen mit denen einer Kollegin abzugleichen, die weiß, wovon sie spricht.

Hierbei steht die Arbeit beim Film im Vordergrund. Ausführlich werden die technischen und künstlerischen Vorbereitungen zu Projekten, die Realisation, der Drehablauf und die Abwicklung dargestellt.

Besonders schön ist es, dass die Autorin in diesem Zusammenhang mehrere Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Departments sowie Rückblicke auf eigene Kostümbildarbeiten eingebaut hat.

Das Kapitel zum Kostümbild für die Bühne wird ebenfalls mit einem solchen Gespräch abgerundet.

Damit gibt Merten-Eicher nicht nur einen sachkundigen Überblick über die wichtigsten Aspekte unseres Berufs, sondern auch lebensnahe Einblicke in den beruflichen Alltag.

160 Seiten
20 s/w-Abbildungen
13,5 x 21,5 cm
€ 16,90

ISBN 978-3-89487-717-0

„FASHION TALKS“

Die Ausstellung FASHION TALKS, die bis Ende Februar im Museum für Kommunikation in Berlin zu sehen war, wandert nun weiter nach Frankfurt am Main.

Im dortigen Museum für Kommunikation wird sie am 21. März um 19:00 Uhr von neuem eröffnet. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei.
Danach soll diese schöne Ausstellung auch noch im Museum für Kommunikation in Nürnberg gezeigt werden.

So lohnenswert ein Besuch bei FASHION TALKS ist, so empfehlenswert ist die begleitende Publikation, die von der Museumsstiftung Post und Telekommunikation im Eigenverlag herausgebracht wurde:

 

Fashion Talks

 

Der von Lieselotte Kugler und Gregor Isenbort herausgegebene Band gliedert sich in fünf Teile:

  • Uniformität
  • Jugendszenen
  • Strategien
  • Themenwelten: Denim Tartan Camouflage
  • Das Neue

Unter diesen Überschriften sind 22 Aufsätze von Autorinnen und Autoren verschiedener Provenienz versammelt, die sich in vielfältiger Weise mit der Frage beschäftigen, wie Mode als Kommunikationsform funktioniert und vermarktet wird.

Herausgekommen ist dabei ein überaus anregendes Buch, das auch Kostümbildner/-innen, die sich in Stylecodes auskennen, nicht enttäuscht.

Allerdings ist diese 266 Seiten starke Publikation  – obwohl sie eine ISBN-Nummer besitzt (978-3-9813202-2-0) – offenbar nicht über den Buchhandel, sondern nur in den Museumsshops zu erhalten. Dort kostet sie € 19,99.

„schuhtick“- Ausstellung in Mainz

Die Ausstellung „schuhtick“ -Von kalten Füßen und heißen Sohlen- ist ab dem 27. Juni 2010 bis zum 9. Januar 2011 im Landesmuseum Mainz zu sehen.

Ein Katalog ist im Verlag Philipp von Zabern erschienen.

Diese internationale Sonderausstellung erzählt Schuhgeschichten durch alle Zeiten und über Kontinente hinweg und ist ein interdisziplinäres Kooperationsprojekt zwischen dem LWL-Museum für Archälogie, dem westfälischen Landesmuseum Herne, den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und dem Überseemuseum Bremen.

Zu dieser Ausstellung ist ein wunderbarer Katalog erschienen, der den Leser in die Entwicklungs- und Kulturgeschichte des Schuhs einführt.

24 Aufsätze von verschiedenen Autoren widmen sich in unterschiedlicher Sichtweise dem menschlichen Schuhwerk, wobei sowohl die biologischen Voraussetzungen und die produktionstechnischen Besonderheiten als auch kunst- und kulturwissenschaftliche Überlegungen mit einfließen.

Erster Forschungsgegenstand sind archäologische Funde aus der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter. Dadurch entdecken wir den Bastschuh aus der Zeit des Siedlungsbaus, die Sandale und den Militärstiefel aus dem Römischen Reich und den einfachen Schnürschuh des Mittelalters. In diesen Zeiten bewegte sich der Mensch auf flachen Sohlen fort, wobei ab dem 6. Jahrhundert nach Chr. der soziale Rang an den Verzierungen am Schuhwerk abzulesen war.

Mit einem Zeitsprung ins 17. und 18. Jahrhundert befinden wir uns dann in der höfischen Gesellschaft des späten Barocks, des Rokoko und während und nach der französischen Revolution, wovon feines Schuhwerk aus Schuhsammlungen der Museen Zeugnis ablegen. Seit dem 17. Jahrhundert war der Absatz vorerst an den Reitstiefeln zu finden und hielt dann Einzug in die höfische Mode in der Zeit von Ludwig XV.

In der Nachkriegszeit im 20. Jahrhundert herrschte Schuhnot. Einfallsreichtum war gefragt und es wurden Schuhe aus Jute, Stroh und Fallschirmseide hergestellt, dem folgte für kurze Zeit der robuste “Jedermanschuh” für Erwachsene und Kinder.

Mit dem Wirtschaftsaufschwung beginnt eine mannigfaltige Formgebung in der Schuhherstellung. Aufsätze verdeutlichen die Entwicklung von Schuh-Ikonen, des Schuhes als Fetisch und des Maßschuhes als zweite Haut.

In diesem Katalog findet man als Kostümbildner/-in reichen Lesestoff über den Schuh als Lebens- und Überlebensmittel und über seine vielfältige Bedeutung als Status- und Machtsymbol.

Herausgeber Hartmut Roder „schuhtick“. Von kalten Füßen und heißen Sohlen
212 Seiten, 161 Farb- und 45 Schwarzweißabbildungen
Verlag Philipp von Zabern 2008
€ 29,90 / SFR 49,90

ISBN 978-3-8053-3938-4

„Mode sprengt Mieder – Silhouettenwechsel“

Die Ausstellung Mode sprengt Mieder – Silhouettenwechsel im Münchner Stadtmuseum – siehe unseren Bericht hier – ist nun leider zu Ende gegangen.

Es bleibt allerdings ein schöner Katalog, um sich darüber hinwegzutrösten.

Wie die Ausstellung selbst ist dieses Buch von Isabella Belting erarbeitet worden, die im Münchner Stadtmuseum – aus dem die Exponate stammen – die Sammlung Mode und Textilien betreut.

Um den Spannungsraum von Mode und Mieder zu erkunden, lässt sie eine junge Frau auftreten, die auf eine Zeitreise geschickt wird und aus eigener Erfahrung lebensnah berichtet, wie es sich anfühlt, geschnürte oder ungeschnürte Kleidung zu tragen.

Diese Protagonistin zwängt sich zunächst in die Schnürmieder des Rokoko, gelangt mit den Chemisenkleidern des Directoire und Empire aber schon bald in den Genuss einer freieren Garderobe.

Damit springen bereits bei den ersten Stationen zwei Pole ins Auge, zwischen denen die Mode sich über Jahrhunderte hinweg bewegt hat.

In den beiden folgenden Kapiteln, die den Korsetts der Sans-Ventre-Linie um 1900 und der Reformkleidung nach der Wende zum 20. Jahrhundert gewidmet sind, tritt dieser Gegensatz erneut überaus deutlich hervor.

Die zwei letzten Kapitel beschäftigen sich mit der taillierten Mode der 1950er Jahre und mit den Neuerungen, die mit dem in den 1960er Jahren aufgekommenen Schlankheits-Ideal einhergingen.

Den Abschluss bilden einige Aperçus zur aktuellen Mode und zum Nachwirken der zuvor dargestellten Entwicklungen.

Mithin bleibt es in Bezug auf die Gegenwart bei wenigen Anmerkungen, was allerdings nichts daran nimmt, dass der vorliegende Band sowohl von den Abbildungen wie von den angeführten Quellen her zahlreiche Einsichten und Anregungen vermitteln kann und dass es sich zumal für Kostümbildner/-innen und Kostümschaffende lohnt, sich mit ihm auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben.

Isabella Belting: „Mode sprengt Mieder – Silhouettenwechsel“
144 Seiten, 77 Farbtafeln, 78 farbige und 8 schwarz-weiße Abbildungen
Hirmer Verlag, München 2009
€ 29,90 / SFR 53,50
ISBN 978-3-7774-2491-0

„Luise. Die Kleider der Königin“

Sie „wär’ in Hütten Königin der Herzen“ und sei „der Anmuth Göttin auf dem Thron“ – so hat August Wilhelm Schlegel im Juli 1798 der Königin Luise von Preußen gehuldigt, und ähnlich haben zahlreiche andere Zeitgenossen neben ihrer Natürlichkeit ihre Schönheit und ihre Eleganz gepriesen.

Es überrascht deshalb nicht, dass die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bei einer der drei Ausstellungen, die sie der Königin Luise aus Anlass ihres 200. Todestags widmet, die Kleidung der Herrscherin in den Mittelpunkt rückt.

Obwohl diese Ausstellung erst am 31. Juli eröffnen wird – sie wird im ehemaligen königlichen Landhaus Paretz stattfinden –, ist bereits ein Katalog verfügbar, der für sich schon Beachtung verdient.

Der Band gliedert sich in zwei Teile. Im ersten werden in zehn Aufsätzen einzelne Aspekte wie Luises Mitgift, die „Nuditäten-Mode“ um 1800, der Bezug zum Modemarkt oder Kleidergeschenke seitens Napoleons und des Zaren Alexander I. behandelt.

Den zweiten bildet der eigentliche Katalog, der fünf Kapitel zu den Themen „Kleider und Accessoires“, „Frisuren und Kosmetik“, „Juwelen und Pretiosen“, „Kostümierungen“ und „Luises Brauteinzug“ enthält.

In beiden Teilen wird zum einen die von Gemälden und Stichen her bekannte Garderobe der Königin unter Rückgriff auf zeitgenössische Quellen – vor allem das Journal des Luxus und der Moden – erschlossen und eingeordnet; zum anderen werden die verschiedenen – in der Mehrheit aus dem Nachlass der Königin stammenden – Exponate in ihren biographischen und (mode-)historischen Zusammenhängen erörtert.

Dabei ergibt sich nicht zuletzt durch die Auswertung von Dokumenten wie Rechnungen oder Inventarlisten ein sehr lebensnaher Eindruck.

Kostümbildner/-innen und Kostümschaffende können in diesem Buch mithin eine sowohl umfassende wie auch ins Detail gehende Darstellung der Garderobe einer Herrscherin in der Zeit um 1800 finden.

Und wer mit der Terminologie dieser Epoche noch nicht vertraut ist, wird durch ein im Anhang beigefügtes „Glossar zu Textilien und Kostümkunde“ unterstützt.

„Luise. Die Kleider der Königin – Mode, Schmuck und Accessoires am preußischen Hof um 1800“
Herausgegeben von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Bearbeitet von Bärbel Hedinger, Adelheid Schendel und Stefan Schimmel
288 Seiten, 63 Farbtafeln, 256 farbige und 24 schwarz-weiße Abbildungen, gebunden
Hirmer Verlag, München 2010
€ 34,90 / SFR 56,90
ISBN 978-3-7774-2381-4

Gisela Heide: „personare“

Unter dem Titel personare hat die Künstlerin Gisela Heide einen Katalog mit eigenen Arbeiten veröffentlicht, in denen sie sich malerisch mit dem Thema Kleidung auseinandersetzt.

Gisela Heide: „personare“

Wir danken der Kunsthistorikerin Cornelia Kleÿboldt für die Erlaubnis, hier Auszüge aus dem Text zu bringen, den sie zu diesem schönen Band beigetragen hat:

Feinstoff

Anmerkungen zur Malerei von Gisela Heide

Gisela Heide malt Kleidungsstücke. Kleidungsstücke, die als buchstäblich eigenständige Protagonisten, anstelle einer Person oder eines Körpers, als überaus feinstoffliche Präsenzen auf dem offenen, ungrundierten Leinwandraum erscheinen und diese zu einem Raum umgestalten, durch den etwas definiert, umschrieben und erschaffen wird, das als solches nicht gemalt und eher spürbar als sichtbar ist.

Etwas oder jemand ist da, das nicht da ist, dessen Gegenwart aber in zugeschnittenen Stoffen, Mustern und Hintergründen angegeben ist und eben dort zu atmen scheint. Die bemalte oder besser „charakterisierte“ Leinwand wird zu einem Feld von Hinweisen auf etwas oder jemanden, auf Gefühle, Eigenschaften, Träume, auf Lebenszeiten oder Augenblicke und nicht zuletzt auf eine darin eingebundene Persönlichkeit in einer bestimmten Situation. Per-Sonare heißt „hindurch klingen“ und es ist, als hätten eben jene Kleidungsstücke die Eigenschaft des „Hindurchklingens“. Sie sind wie Filter oder Lochmasken, die aus der Gesamtheit der Möglichkeiten etwas Bestimmtes herausfiltern und hindurch klingen lassen.

Die Künstlerin arbeitet in „Positiven“ und „Negativen“. Das eine steht in enger Beziehung zum anderen. Das eine gibt es nicht ohne das andere, das eine kann nicht ohne das andere entstehen. Bemalte Leinwand und unbemalte, offene Leinwandparzellen, die von ihrer Umgebung ummantelt werden – mal als Körperform, mal als ein Stoffmuster, mal als ungebundenes Hintergrundmuster – wirken zusammen an einem Bildergebnis, an jenem schwebenden Eindruck, der weit über das Bildobjekt hinausreicht und die Fantasie und das Erinnerungsvermögen des Betrachters in Bewegung zu versetzen vermag.

Kleider umschließen Körper. Umschließen das Äußere, an das nahtlos der Innenraum anschließt. Kleider sind Körperhüllen und sind das geschminkte Gesicht dieses Körpers. Sind der Schutz, das Bild, in dem sich der Körper sehen will, in dem der Körper gesehen und wahrgenommen wird. Kleider machen Leute. Sie künden vom Träger, vom Lebensgefühl und von sozialer Stellung, vom Geschmack und vom Beruf, von der Seele und von der Erinnerung des Körpers.

© Cornelia Kleÿboldt, M. A.

Die folgenden beiden Bilder zeigen beispielhaft, dass in Gisela Heides Malerei etwas zum Ausdruck kommt, was uns als Kostümbildner/-innen und Kostümschaffende angeht:

„Mantel

„Mantel“, Eitempera auf Leinwand, 195 x 95 cm (2007)

„Kleid mit Schmetterlingen“, Acryl auf Leinwand, 209 x 86 cm (2005)

„Kleid mit Schmetterlingen“, Acryl auf Leinwand, 209 x 86 cm (2005)

Weitere Bilder bietet die Homepage von Gisela Heide. Siehe hier …

Gisela Heide: „personare“
(mit Texten von Cornelia Kleÿboldt und Birgit Sonna)
120 Seiten, 76 Abbildungen, Hardcover
Bezirk Oberbayern München & Kunstverein Ebersberg e. V., 2009
ISBN 978-3-00-028677-3

Der Katalog kann für € 20,00 zzgl. Versandkosten über info@gisela-heide.de bei der Künstlerin bezogen werden.

Die Homepage von Cornelia Kleÿboldt ist ebenfalls einen Ausflug wert. Siehe hier …

Sammlung Philippi

Seit einigen Jahren geht Dieter Philippi, Mitbegründer und Vorstand eines Großhandelsunternehmens für Informations- und Telekommunikationstechnologie, einer ungewöhnlichen Leidenschaft nach: Er sammelt klerikale Kopfbedeckungen. Mehr als 400 Exemplare hat er inzwischen erworben, zu denen sich nach und nach über 150 weitere Kleidungs- und Ausstattungsstücke hinzugesellt haben. Viele der Ergebnisse seiner Recherchen, bei denen er sich bislang auf männliche Träger beschränkt hat, sind auf seiner Website zugänglich. Siehe hier.

Nunmehr ist ein Katalog erschienen, in dem alle Objekte der Sammlung in hochwertigen Farbaufnahmen betrachtet werden können.

Sammlung Philippi

Der schwergewichtige Band gliedert sich in vier Teile. Im ersten – und mit über 500 Seiten weitaus umfangreichsten – werden „Kopfbedeckungen in Glaube, Religion und Spiritualität“ vorgestellt. Hier kann von den Soli Deo genannten Scheitelkäppchen bis hin zur Tiara nachvollzogen werden, welche Kopfbedeckungen für Würdenträger der römisch-katholischen Kirche bei welchen Gelegenheiten angezeigt sind. Allerdings ist darüber hinaus eine Vielzahl anderer Glaubensrichtungen und Religionen bis hin zum tibetischen Buddhismus und zum vietnamesischen Caodaismus mit beeindruckenden Stücken vertreten.

Der zweite Teil, der im gegebenen Rahmen wie ein kleiner Exkurs wirkt, ist akademischen Kopfbedeckungen gewidmet.

Der dritte ist mit „Klerikale Feinheiten“ überschrieben und umfasst – weltlich gesprochen – Accessoires, etwa Schuhwerk, Strümpfe oder Posamenten.

Im vierten und abschließenden Teil ist neben einem Literaturverzeichnis unter anderem eine „Konfessionskundliche Einordnung“ zu finden.

Kostümbilder/-innen und Kostümschaffende – insbesondere Modistinnen und Modisten – können aus diesem ansprechend gestalteten Katalog vielerlei Anregungen und Hinweise beziehen. Dabei ist es hilfreich, dass er dank seines Aufbaus gleichsam wie ein Nachschlagewerk benutzt werden kann und dass bei den einzelnen Abbildungen darüber unterrichtet wird, wer die jeweiligen Stücke zu welchen Anlässen trägt oder getragen hat. Zudem werden Materialien und Maße genannt.

Bleibt zu wünschen, dass die im Vorwort geäußerte Überlegung, die Sammlung auf „Kopfbedeckungen mit religiöser Bedeutung für Frauen“ auszudehnen, in die Tat umgesetzt wird und zu einer weiteren Veröffentlichung dieser Art führt.

Sammlung Philippi – Kopfbedeckungen in Glaube, Religion und Spiritualität
712 Seiten, über 1.000 Abbildungen, Leinen mit Schutzumschlag
St. Benno-Verlag, Leipzig 2009
€ 119,00 (Subskriptionspreis bis 31.12.2009: € 79,00)
ISBN 978-3-7462-2800-6

Wir danken Werner Pick (Staatstheater Stuttgart) für seinen Hinweis auf diesen Katalog.